Erdbeben

Erdbeben stellen weltweit eine Gefahr für Menschen, Gebäude und Infrastruktur dar. Doch welche Risiken gibt es in Deutschland? Wie verhalte ich mich bei Erdbeben richtig? Und was sollte ich sonst noch wissen? Das alles erfahren Sie auf unserer Themenseite.

Starkregen

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Erdbeben in Deutschland

Weltweit stellen Erdbeben für Menschen, Infrastruktureinrichtungen sowie für die Umwelt eine beträchtliche Gefahr dar. Laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ereignet sich weltweit im Durchschnitt alle drei Tage ein starkes Erdbeben, welches Schäden nach sich ziehen kann (BGR). Im internationalen Vergleich ist die Gefährdung durch Erdbeben in Deutschland aufgrund der geographischen Lage auf der eurasischen Platte in einiger Entfernung zu aktiven Plattengrenzen, vergleichsweise gering. Zu vernachlässigen ist sie allerdings nicht, denn Schadenbeben treten auch in Deutschland in regelmäßigen Abständen auf. Das letzte Beben mit signifikanten Schäden in Deutschland ereignete sich am 13. April 1992, mit einer Stärke von 5,9 auf der Richterskala. Dabei wurden in Nordrhein-Westfalen mehr als 30 Personen verletzt und die monetären Schäden in Deutschland auf etwa 80 Millionen Euro beziffert (Geologischer Dienst NRW).

Das institutionelle Mitglied des DKKV, das Deutsche GeoForschungsZentrum in Potsdam (GFZ), hat 2018 eine Studie zur Einschätzung der Erdbebengefährdung in Deutschland veröffentlicht. Die Risikogebiete in Deutschland beziehen sich vor allem auf das Niederrheintal und die deutschen Alpregionen. Aber auch im Thüringer Wald und auf der Schwäbischen Alb treten Erdbeben auf. Die untenstehende Karte von der Website des Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) teilt die Erdbebengefährdung in vier Stufen ein.

Abbildung 1: Erdbebenzonen in Deutschland | Quelle: BBK

Definition und Entstehung von Erdbeben

Unter Erdbeben versteht man allgemein großräumige Erschütterungen des Erdbodens, die in der Regel durch einen plötzlichen Spannungsabbau entlang von Brüchen in der Erdkruste hervorgerufen werden. Durch ständige Bewegungen der tektonischen Platten baut sich in den unterirdischen Gesteinsschichten eine Spannung auf. Dieser Prozess kann Jahrhunderte bis Jahrtausende dauern, während der Abbau (= das Erdbeben) meist in Sekunden bis Minuten stattfindet. Über 90% der Erdbeben weltweit, ereignen sich in Regionen, in denen tektonische Platten aneinandergrenzen, haben also einen tektonischen Ursprung (Munich RE). Die Erdkruste besteht aus sieben großen, sowie einer Vielzahl von kleineren tektonischen Platten, deren Grenzzonen abhängig von der Bewegung der Platten verschiedene Formen annehmen können. In der Seismologie unterscheidet man daher zwischen den folgenden Plattengrenzen:

Konvergierende Plattengrenzen

Konvergierende Plattengrenzen bewegen sich aufeinander zu und bilden sich je nach Plattenkonstellation unterschiedlich aus. Man unterscheidet zwischen ozeanischen und kontinentalen Platten, wodurch es zu drei verschiedenen Plattenkonstellationen kommt.

Ozean-Kontinent-Konvergenz: Treffen eine ozeanische und eine kontinentale Platte aufeinander, sinkt die ozeanische aufgrund ihrer höheren Dichte unter die kontinentale Platte. Im Bereich dieser sogenannten Subduktionszone treten die meisten Vulkane der Erde auf (Vulkangürtel). Auch die seismische Aktivität ist durch die Subduktion stark erhöht (Bsp: Abtauchen der Pazifischen Platte vor der Westküste der USA). Den Subduktionszonen sind meist Tiefseerinnen (z.B. Japan Tiefseerinne) vorgelagert.

Ozean-Ozean-Konvergenz: Wenn zwei ozeanische Platten aufeinandertreffen, taucht die ältere, kühlere und damit schwerer Platte ab. Dadurch kommt es ebenfalls zu erhöhter vulkanischer, wie seismischer Aktivität, die eine Ausbildung von langgezogenen vulkanischen Inselketten nach sich zieht. Beispiele für solche Inselbögen sind Japan oder die Philippinen. Diesen Subduktionszonen sind ebenfalls Tiefseegräben vorgelagert. Diese sind besonders schmal, tief und langgestreckt, wie beispielsweise der Marianengraben mit einer Tiefe von 11.000 Metern.

Kontinent-Kontinent-Konvergenz: Kontinentale Platten haben die gleiche Dichte und sind viel leichter als der unterliegende Mantel. Dadurch taucht bei der Kollision zweier kontinentalen Platten keine der Platten ab. Die Platten werden stark deformiert und überlagern, falten oder schichten sich auf. Dabei kommt es zur Orogenese (Gebirgsbildung).

Divergierende Plattengrenzen

Divergierende Plattengrenzen sind Zonen, an denen sich tektonische Platten voneinander wegbewegen. In diesen Bereichen wird neues Mantelmaterial an die Erdoberfläche gefördert, welches durch die auseinanderdriftenden Platten hinter sich hergezogen wird, wodurch an der Plattengrenze eine Grabenstruktur entsteht. Diese Gräben können Spreizungsraten (spreading rate) von wenigen Millimetern bis hin zu mehreren Metern pro Jahr aufweisen. Beispiele für divergierende Plattengrenzen finden sich in Island, Afrika und mit dem Rheintalgraben sogar in Deutschland.

Transformstörungen

Transformstörung sind gekennzeichnet durch das horizontale aneinander vorbeigleiten zweier Platten. Sie treten oft aber nicht ausschließlich an den mittelozeanischen Rücken auf. Ein Beispiel für eine kontinentale Transformstörung ist die San Andreas Verwerfung (San Andreas Fault) in Kalifornien, USA. Diese verläuft über eine Länge von etwa 1300km und führt zu einer akuten Erdbebengefährdung der Region. Die Transformstörung befindet sich an der Plattengrenze der Nordamerikanischen Platte, die sich nach Süden und der Pazifischen Platte, die sich nach Norden verschiebt.

Eine informative Übersicht vom Klett Verlag gibt es hier.

Abbildung 2: Weltkarte mit Plattengrenzen (rote Pfeile: divergente Plattenbewegung, orange Pfeile: konvergente Plattenbewegung) | Quelle: ESKP 2020

Die meisten Erdbeben treten entlang von Konvergenzzonen und Transformstörungen auf. Viele Erdbeben ereignen sich dabei unter den Ozeanböden (Seebeben) und können Folgegefahren, wie Tsunamis auslösen (Springer). Neben Erdbeben, die durch die Plattentektonik verursacht werden, gibt es weitere Arten von Erdbeben, wie induzierte Beben oder Einsturzbeben. Induzierte Beben sind vom Menschen verursachte Beben, beispielweise durch Verkehr oder Fracking. Einsturzbeben treten oft in Karstgebieten auf und entstehen durch oberflächennahe Bewegungen, die auf Subrosion oder Salzlaugung zurückzuführen sind. Allerdings haben diese im Vergleich zu dem tektonisch bedingten Erbeben, in der Regel eine geringere Intensität und Ausbreitung.

Exkurs: Magnitude und Intensität

Die beiden Skalen Magnitude und Intensität werden oft verwechselt, wenn es darum geht Erbeben beziehungsweise Erdbebenerschütterungen nach ihrer Stärke zu klassifizieren. Dabei ist es wichtig die unterschiedlichen Bedeutungen und Implikationen der Skalen zu kennen um Warn- oder Medieninformationen interpretieren zu können.

Magnitude

Die Magnitude beschreibt die gesamte seismische Schwingungsenergie, die während eines Bebens freigesetzt wird. Die sogenannte Richterskala, die auch immer wieder in den Medien Erwähnung findet, wurde 1935 vom amerikanischen Seismologen Prof. Charles Richter vorgeschlagen. Die Magnitude wird bei der Richterskala mit einem sogenannten Seismographen gemessen und im Detail aus dem Logarithmus des maximalen Ausschlags des Seismographen und der Entfernung zum Erdbebenherd bestimmt (GFZ). Durch die Angabe der Magnitude nach einer logarithmischen Skala, wird die Geschwindigkeit der Bodenschwingungen bei einer Veränderung der Magnitude um 1, zehn Mal größer oder kleiner. Bei einer veränderten Magnitude von +2 setzt ein Erdbeben also 1000mal mehr Erschütterungsenergie frei (GFZ). Mittlerweile gibt es verschiedene Magnituden Skalen deren Werte mit verschiedenen Formeln berechnet werden. Da die Richtermagnitude größere Beben nicht adäquat darstellen kann, ist heute die Moment-Magnituden-Skala (Mw) die am meisten verwendete Skala. In den Medien wird dennoch oft von einer Richterskala gesprochen, was streng genommen nicht korrekt ist. Wenn von Magnitude (M) ohne Zusatz gesprochen wird ist meist die Momentmagnitude gemeint. Das stärkste gemessene Erdbeben seit 1900 hatte eine Momentmagnitude, die auf 9,4 bis 9,6 geschätzt wird (Chile 1960) (JGR Solid Earth).

Intensität

Anders als Magnituden Skalen beruhen die Intensitätsskalen nicht auf objektiven Messdaten, sondern klassifizieren die Erschütterungen nach Wahrnehmung durch den Menschen und den Grad der entstandenen Schäden. Dabei werden Erdbeben meist in zwölf Klassen von „nicht gespürt“ bis „totale Zerstörung“ eingeteilt. Die Grundlage für diese Bewertung bildet in Europa die Europäische Makroseismische Skala (EMS-98). Von Epizentralintensität I0 spricht man hingegen, wenn die Beobachtungen direkt über dem Epizentrum stattfinden (GFZ). Neben dieser international genutzten Intensitätsskala von eins bis zwölf gibt es zusätzlich einige länderspezifische Skalen, wie beispielsweise die JMA Seismic Intensity Scale, welche in Japan und Taiwan genutzt wird. Diese teilt Beben in sieben anstatt zwölf Kategorien ein, wobei die Stufen fünf und sechs jeweils in „upper“ und „lower“ untergliedert sind. Auch die JMA-Skala nutzt subjektive Beschreibungen, um Erdbeben zu klassifizieren (JMA).

Schäden und Folgen von Erdbeben

Bei Berichterstattungen wird oft nur die Magnitude und nicht die Intensität eines Erdbebens genannt. Mit der Magnitude allein lassen sich allerdings keine Aussagen über das tatsächliche Schadenspotential eines Bebens treffen. In der Regel führen stärkere Erdbeben auch zu höheren Schadens- und Opferzahlen, es gibt allerdings auch Ereignisse, die trotz hoher Magnitude nur geringfügige Schäden nach sich zogen. Die Eintrittsregion eines Erdbebens ist dabei entscheidend. Ein starkes Erdbeben in einer kaum besiedelten Region kann unter Umständen weniger verehrend sein als ein schwaches Erdbeben in einer Metropolregion (Springer). Exposition und Vulnerabilität sind für die Stärke von Erdbebenschäden also relevanter als die reine Stärke des Erdbebens. Dabei ist auch die Art der Bebauung von Bedeutung, so kann die Vulnerabilität durch erdbebengerechte und erdbebensichere Bebauung auch in stark besiedelten Regionen extrem gesenkt werden. 

Die direkt von Erdbeben ausgehende Gefahr ist sehr gering. „Man kann einen Menschen durch ein Erdbeben nicht zu Tode schütteln“ (Erdbebendienst Bayern). Die hauptsächliche Gefahr geht von Folgegefahren eines Erdbebens aus. Vor allem in dicht besiedelten Regionen kommt es durch die die Erschütterung zu großen Schäden an Gebäude und Infrastruktur, die auch Personenschäden nach sich ziehen. Die Gründe hierfür sind häufig durch Erdbeben ausgelöste Brände und CBRN-Gefahren. Hinzu kommen durch die Bodenerschütterungen ausgelöste Erdrutsche und Schlammlawinen, sowie möglicherweise Bodenverflüssigung (Liquefaktion). Bei der Liquefaktion werden lockere Sedimente und Grundwasser durch das Erdbeben vermischt, wodurch sich der Boden ähnlich wie Treibsand verhält. Diese Bodenverflüssigung ist nur temporär, allerdings kann es bei sehr starken Beben auch zu permanenten Bodenverschiebungen kommen, die Gebäude in den betroffenen Bereichen stark beschädigen (Erdbebendienst Bayern).

Eine weitere Gefahr besteht in Flutwellen, entweder in Form von Tsunamis oder durch zerstörte Staudämme und Deiche. Tsunamis sind Flutwellen, die meist durch Seebeben entstehen, bei denen es zu einer plötzlichen Verdrängung großer Wassermengen kommt. Die dadurch hervorgerufenen Wellen können beim Eintreffen an der Küste Wellenhöhen von mehreren zehn Metern erreichen. Tsunamis gelten zu den destruktivsten und tödlichsten Folgegefahren von Erbeben (Springer).

Erdbeben Frühwarnung

Eine verlässliche Erdbebenvorhersage ist nach heutigem Wissenstand nicht möglich, weil es keine verlässlichen Vorläuferphänomene gibt (SWR). Daher sind Erdbeben-Frühwarnungen, die zwischen den ersten seismisch registrierten oder schwach gespürten Erdbeben herausgegeben werden, von großer Bedeutung (ESKP).

Erdbeben senden verschiedene Arten von Wellen aus, die jeweils eine unterschiedliche Laufzeit besitzen:  Primärwellen (P-Wellen; Ausbreitungsgeschwindigkeit in der Kruste von etwa 6 km/s) und Sekundärwellen (S-Wellen; Ausbreitungsgeschwindigkeit in der Kruste 3,6 km/s). Bei Registrierung einer ungefährlichen P-Welle durch ein Seismometer, kann vor den darauffolgenden schadenbringenden S-Wellen über Kabel oder Funk (Ausbreitungsgeschwindigkeit von 300.000 km/s) gewarnt werden. Bei dichten Seismometer-Netzen ergeben Messungen in unmittelbarer Nähe des Erdbebenherds einen weiteren kleinen Zeitvorteil. Die Vorwarnzeit ist abhängig von der Entfernung zum Erdbebenherd – meist beträgt diese nur einige bis Zehner-Sekunden. Hierfür werden die Signale von Seismografen aufgezeichnet, elektronisch in Echtzeit in eine Auswertezentrale geschickt und in eine Warnnachricht konvertiert (FAZ).

Abbildung 3: Schematische Darstellung des Erdbeben-Warnprozesses | Quelle: Antenese Geosurvey Indonesia

Handlungsempfehlungen bei Erdbeben

In so gut wie allen Ländern mit einer relevanten Gefährdung durch Erdbeben sind Baunormen zum erdbebengerechten Konstruktionsentwurf baurechtlich eingeführt. In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte die erste baurechtliche Einführung einer solchen Norm für normale Hochbauten im Jahre 1981. Diese Baunormen zielen auf den Schutz von Personen ab, jedoch nicht auf die Vermeidung von Schäden insgesamt. Neben diesen Erdbeben-Baunormen für normale Hochbauten existieren weltweit Normen zur Auslegung von Wasserbauten, wie z.B. Talsperren, gegen Einwirkungen durch Erdbeben sowie Normen zum bautechnischen Sicherheitsnachweis kerntechnischer Anlagen, wie Kernkraftwerke (GFZ).

Folgendes Verhalten wird vor, während und nach einem Erdbeben vom BBK für Privatpersonen empfohlen:

Vor dem Erdbeben

  • Sicherung von umsturzgefährdeten Möbeln mithilfe von Dübeln oder Winkeln
  • Treppenhäuser und Flure sollten von Möbeln und anderen Gegenständen freigehalten werden
  • Schwere Gegenstände und Gläser von oberen Regalbereichen fernhalten
  • Halten Sie Notfallgepäck bereit, falls Sie evakuiert werden müssen
  • Informieren Sie sich vorzeitig zu Fluchtwegen und Notausgängen

Während des Erdbebens

  • Im Gebäude verweilen und auf herabfallende Gegenstände achten
  • Halten Sie sich von Fenstern, Glastüren und sonstigen Splitterquellen fern
  • Suchen Sie sich Schutz unter Türrahmen oder Tischen
  • Meiden Sie Fahrstühle
  • Meiden Sie im Freien die Nähe von Bauwerken und orientieren Sie sich möglichst auf eine freie Fläche

Nach dem Erdbeben

  • Denken Sie an Nachbeben
  • Verlassen Sie das Gebäude, vor allem wenn Sie schwere Bauschäden erkennen
  • Versorgungsleitungen (Gas, Wasser, Strom) sollten bis zur Prüfung abgestellt werden
  • Helfen Sie verwundeten oder verschütteten Personen – leisten Sie Erste Hilfe
  • Bei Verletzungen, Bränden oder Wasserschäden, wählen Sie den Notruf der Feuerwehr (112)

Notfallwarnung auf dem Smartphone

Warn-App NINA

NINA warnt deutschlandweit und bei Bedarf standortbezogen vor Gefahren, wie z. B. Hochwasser und anderen Großschadenslagen.

EQInfo

Die App EQInfo liefert weltweite Erdbebeninformationen von verschiedenen nationalen und internationalen Erdbebendiensten, darunter das GEOFON-Erdbebenmonitoring des GFZ. Eine Warnung ist mit dieser App jedoch nicht möglich.

LastQuake

Die App LastQuake des European-Mediterranean Seismological Centres (EMSC) informiert über gespürte Erdbeben und erlaubt es den Nutzer:innen, Meldung über gespürte Erdbeben zu verschicken.

Cell Broadcast

Seit 2023 wird auch mit dem Cell Broadcast System vor Gefahren, inklusive Erdbeben gewarnt. Die Warnungen werden automatisch an Mobilfunkgeräte verschickt. Eine zusätzliche App ist nicht von Nöten.