Katastrophenschutz muss trainiert werden, damit im Krisenfall Hilfe effizient ankommt – auch im internationalen Katastrophenschutz. Neben Feldübungen, bei denen technische Geräte wie Pumpen im Einsatz sind, werden Table Top Übungen genutzt, um insbesondere die Koordination zwischen Akteuren zu trainieren.
Zwischen dem 24. und 27. Juni 2023 wurde eine Module Table-Top Exercise (ModTTX) in Ratingen unter der Federführung der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) durchgeführt. Dr. Benni Thiebes (DKKV) war als Evaluator bei dieser Übung dabei und konnte dadurch hinter die Kulissen einer solchen Übung blicken. Bei dieser Übung stand insbesondere die Kommunikation und Koordination zwischen unterschiedlichen Modulen im Vordergrund, welche im Rahmen des Zivilschutz-Mechanismus der Europäischen Union (EUCPM – European Union Civil Protection Mechanism) zum Einsatz kommen. Ein zentraler Akteur zwischen den Modulen ist das EUCP-Team, welches aus Vertreter:innen des ERCC (Emergency Response Coordination Centre der Europäischen Komission), TAST (Technical Assistance Support Team) und UNDAC (United Nations Disaster Assessment and Coordination) bestand.
Die teilnehmenden Module kamen aus acht Ländern (Belgien, Finnland, Kroatien, Niederlande, Polen, Slowenien, Spanien, Ungarn) und umfassten Kapazitäten für Wasserpumpen, Wasseraufbereitung, Suchen und Bergen, Wasserrettung mit Booten und Notfallmedizin inkl. eines Feldkrankenhauses.
Das gespielte Szenario befasste sich mit schweren Niederschlägen, welche weiträumig Flusshochwässer, insbesondere in der Region Bonn, Köln und Aachen hervorriefen. Zusätzlich trat in dem Szenario noch ein starkes Erdbeben auf, wodurch massive Infrastrukturschäden in der Region entstanden.
Um mehr Freiheit bei der Ausgestaltung des Szenarios zu haben und um die Teilnehmer:innen auf Einsätze in Nicht-EU-Ländern vorzubereiten wurde für die Übung das Land New Republic Westland (NRW) erfunden, welches räumlich identisch mit dem deutschen Bundesland mit derselben Abkürzung ist. Ein großer Vorteil gegenüber einem vollständig simulierten Gebiet besteht insbesondere darin, dass vorhanden Informationen aus z.B. Google Maps genutzt werden können.
Table Top Übungen bedienen sich stark des Rollenspiels. Insgesamt waren 24 Rollenspieler:innen involviert, u.a. auch Personen aus dem Innenministerium NRW, der Feuerwehren Köln, Bonn und Ratingen. Daneben waren 5 Trainer:innen und 4 Zertifizierer:innen, sowie 14 Personen in der Simulationsleitung EXCON (Exercice Control) aktiv.
Die Übung begann mit einem eingespielten Video, welches die Auswirkungen des Hochwassers und des Erdbebens zeigte. Nach der Aktivierung des EUCPM und der Entsendung der Module wurden zuerst die Flughafenprozeduren (Immigration, Customs) simuliert und anschließend diskutiert.
Das koordinierende OSOCC (On-Site Operations Coordination Centre) wurde anschließend im THW Ortsverband Ratingen bezogen – in der Simulation war dies bei der Feuerwehr Bonn lokalisiert. Die Module bezogen ihre BoO (Base of Operations) räumlich getrennt vom OSOCC, da diese im Szenario in Brühl aufgebaut wurde.
Die Kommunikation zwischen dem EUCPT und den Modulen, sowie auch unter den Modulen untereinander erfolgte vorrangig über ein virtuelles OSOCC (vOSOCC) sowie über Microsoft Teams. Hierdurch konnten die Simulationsleitung die Kommunikation überwachen und in Nachgesprächen durch Hinweise unterstützen.
Ein wichtiges Element von Table Top Übungen sind „Injects“; hier werden bestimmte, meist zuvor festgelegte Ereignisse in den Simulationsablauf eingebaut – ohne, dass die Teilnehmer:innen und Trainer davon wissen. Ein Inject kann die eigentliche Lage betreffen oder auch ein kurzfristig angekündigter Besuch eines VIPs sein. In dem gespielten Szenario . wurden z.B die Teilnehmer:innen von einem EU-Botschafter und dem Innenminister der New Republic Westland besucht oder mussten sich einem Interview mit einem internationalen Medienvertreter stellen.
Die Table Top Exercise zeigte sich als sehr gutes Werkzeug, um Kommunikations- und Koordinationsabläufe zu üben, nicht nur dem EUCPT und den Modulen untereinander. So entstanden enge Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Modulen: ein Modul mit Hochleistungs-Wasserpumpen stellte beispielsweise das Wasser zur Aufbereitung durch ein anderes Team zur Verfügung.
Die gesamte Übung unterstrich deutlich die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Katastrophenschutz und die übergeordnete Rolle der Koordination und Kommunikation. Solche Übungen sind essenziell, um den Ernstfall zu trainieren und die Effizienz des EU Zivilschutz Mechanismus sicherzustellen.