Am 23. April 2025 ereignete sich um 12:49 Uhr Ortszeit (9:49 Uhr UTC) ein Erdbeben der Magnitude Mw 6.2 im zentralen Marmarameer, etwa 60 km westlich von Istanbul. Nur 13 Minuten später folgte ein weiteres Beben der Stärke Mw 5.3 südlich der Stadt. Das Hypozentrum des Hauptbebens lag in ca. 10 km Tiefe, was typisch für oberflächennahe starke Erschütterungen ist. Es handelt sich um das stärkste Beben in der Region seit über 25 Jahren (GFZ, 2025). Infolge des Bebens wurden in Istanbul zahlreiche Gebäude erschüttert und mindestens 151 Menschen verletzt – vor allem durch einhergehende Panik; Todesopfer oder größere Sachschäden sind bislang nicht bekannt (Tagesschau, 2025).
Das Ereignis ereignete sich entlang der Nordanatolischen Verwerfungszone (NAFZ), einer der bedeutendsten kontinentalen Transformstörungen der Erde, mit 23-24mm pro Jahr (USGS, 2025), die die eurasische und anatolische Platte auf über 1000 km Länge trennt. Der betroffene Abschnitt im Marmarameer stellt eine seismisch aktive Zone mit einer ausgeprägten Spannungsakkumulation dar, insbesondere im Bereich einer sogenannten „seismischen Lücke“ südlich von Istanbul, die seit über 250 Jahren kein starkes Beben mehr erlebt hat (Chen et al., 2025; USGS, 2025).
Die schnelle Abfolge zweier Erdbeben deutet laut Einschätzung des GFZ Potsdam auf Spannungsumlagerungen entlang des aktiven Bruchsegments hin, die die Wahrscheinlichkeit für weitere seismische Ereignisse in der Region erhöhen könnten – insbesondere näher zur Millionenmetropole Istanbul. In geophysikalischen Szenarien wird derzeit ein größeres Beben mit einer potenziellen Magnitude von bis zu Mw 7.4 nicht ausgeschlossen. Ein solches Ereignis hätte weitreichende Folgen auf die mit über 16 Mio. Einwohner:innen extrem dicht besiedelte Metropole (GFZ, 2025).
Im Rahmen des GONAF-Projekts kooperiert das GFZ eng mit dem türkischen Katastrophenschutz AFAD. Ein seismisches Bohrloch-Observatorium im östlichen Marmarameer liefert Echtzeitdaten zur Bewertung der Spannungsentwicklung und soll die Frühwarnsysteme für Istanbul verbessern. Die wissenschaftliche Analyse der Daten ist entscheidend, um realistische Gefährdungsmodelle zu entwickeln und Katastrophenschutzmaßnahmen evidenzbasiert zu planen. Derzeit wird die Lage intensiv überwacht (GFZ, 2025).
Stand 24.04.2025, 15:00 Uhr MESZ
Chen, X., Martínez‐Garzón, P., Kwiatek, G., Ben‐Zion, Y., Bohnhoff, M. & F. Cotton (2025) Rupture Directivity of Moderate Earthquakes Along the Main Marmara Fault Suggests Larger Ground Motion Towards Istanbul. Geophys. Res. Lett., 52, e2024GL111460.
https://doi.org/10.1029/2024GL111460
Helmholtz-Zentrum für Geoforschung GFZ (2025): Erdbeben der Stärke 6.2 und 5.3 bei Istanbul. Abgerufen am 24.04.2025 unter: https://www.gfz.de/presse/meldungen/detailansicht/erdbeben-der-staerke-62-und-53-bei-istanbul
Tagesschau (2025): Erdbeben erschüttert Istanbul. Abgerufen am 24.04.2025 unter: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/tuerkei-erdbeben-176.html
United States Geological Survey USGS (2025): M 6.2 – 21 km SE of Marmara Ereğlisi, Turkey. Regional Information. Tectonic Summary. Abgerufen am 24.04.2025 unter: https://earthquake.usgs.gov/earthquakes/eventpage/us7000pufs/region-info
(Bildquelle: USGS)